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Gleitschirmfliegen & Drachenfliegen

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Abstand sollten mindestens zum Brutplatz von Steinadlern eingehalten werden, da die Vögel während der Brut- und Aufzuchtphase sensibel auf Fluggeräte reagieren.
Ca. 0 min
benötigen geübte Pilot*innen für die Startvorbereitung mit einem Gleitschirm. Drachenpilot*innen benötigen ca. 20 min für den Aufbau.
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wurde das Gleitschirmfliegen legalisiert. Bis 2019 stieg die Mitgliederzahl des DHV auf 39.000.
8 - 0 kg
wiegt die komplette Ausrüstung für das Gleitschirmfliegen. Der Hängegleiter, auch "Drache" genannt, wiegt 20-40 kg.
§ 0
des LuftVG besagt, dass die Nutzung des Luftraums grundsätzlich frei ist.

Die folgenden Inhalte wurden in Zusammenarbeit mit dem DHV erstellt.

Gleitschirmfliegen und Drachenfliegen üben eine große Faszination aus, denn hierbei kommt der Mensch dem uralten Traum vom Fliegen wie ein Vogel am nächsten. Die Kombination aus Naturerlebnis, technischem Können, Freiheit und Wagemut machen den Reiz des Sports aus, der viele Anhänger*innen in Deutschland gefunden hat.

Beim Drachenfliegen (auch Hängegleiten oder Deltafliegen genannt) steuern die Pilot*innen ihren Drachen durch Gewichtsverlagerung. Sie hängen liegend in ihrem Gurtzeug und können den Drachen beschleunigen, indem sie den Steuerbügel ziehen. Verschieben sie ihren Körper zur Seite, dreht der Drachen in diese Richtung (3).

Beim Gleitschirmfliegen (auch Gleitsegeln oder Paragleiten genannt) sitzen die Pilot*innen in ihrem Gurtzeug und hängen an Leinen, die mit dem Segel verbunden sind. Richtung und Geschwindigkeit des Gleitschirms kontrollieren die Pilot*innen durch zwei Steuerleinen. Einseitiger Zug an einer Steuerleine und Gewichtsverlagerung bringen den Gleitschirm in den Kurvenflug (1).

Wie Vögel nutzen die Pilot*innen den Aufwind, um Höhe zu gewinnen. Fluginstrumente wie Höhenmesser und Variometer helfen im Aufwind bei guter Thermik optimal zu steigen. Die technische Einfachheit und die Mobilität der Fluggeräte sind die großen Pluspunkte dieses Flugsports. Die komplette Ausrüstung für das Gleitschirmfliegen wiegt zwischen 8 - 15 kg und passt in einen Rucksack. Ein*e Drachenflieger*in hat etwas mehr zu tragen: Ein Drachen wiegt zwischen 20 - 40 kg (2, 3).

Der Gleitschirm erhält seine tragende Fläche erst beim Aufziehen des Segels. Daher legen Pilot*innen vor dem Start den Schirm bogenförmig aus und sortieren die Leinen. Zum Starten ziehen die Pilot*innen den Schirm auf und laufen gegen den Wind hangabwärts. Dabei werden die Kammern durch Staudruck gefüllt. Danach erfolgen die Kontrolle des Schirms und das Beschleunigen bis zum Abheben. Bei stärkerem Wind verkürzt sich die Startstrecke auf wenige Meter.

Drachenflieger*innen bauen ihren Drachen vor dem Start auf. Geübte Pilot*innen benötigen hierfür ca. 20 min. Zum Start richten sie den Drachen gegen den Wind aus und bringen ihn mit wenigen Schritten hangabwärts in die Luft (3).

Der Flugsport beschränkt sich nicht auf die Alpen und die Mittelgebirge. Mithilfe von Seilwinden können Gleitschirme und Drachen auch im flachen Gelände starten. Die Flugzeit ist abhängig vom vorhandenen Aufwind. An thermischen Tagen sind Flüge mit mehreren Stunden möglich. Überlandflüge mit mehr als 100 km Strecke sind keine Seltenheit. Die Pilot*innen müssen die vorgegebene Luftraumstruktur beachten. Im Regelfall darf der Luftraum G (unkontrollierter Luftraum) sowie der Luftraum E genutzt werden. Der Luftraum E reicht im deutschen Flachland und Mittelgebirge bis zur Flugfläche 100 (ca. 3.050 m), im deutschen Alpengebiet bis zur Flugfläche 130 (ca. 3.900 m) (1, 2, 3).

(1) Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V. (o.J.). Der Gleitschirm. Zugriff am 01.09.2020 unter: https://www.dhv.de/fliegenlernen/gleitschirmfliegen/wie-funktionierts/der-gleitschirm/

(2) Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V. (o.J.). Wie funktioniert das Gleitschirmfliegen? Zugriff am 01.09.2020 unter: https://www.dhv.de/fliegenlernen/gleitschirmfliegen/wie-funktionierts/

(3) Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V. (o.J.). Wie funktioniert das Drachenfliegen? Zugriff am 01.09.2020 unter: https://www.dhv.de/fliegenlernen/drachenfliegen/

Das Kuratorium Sport und Natur e.V. ist der Zusammenschluss deutscher Natursportverbände mit über 3,5 Mio. Mitgliedern. Der DHV ist Gründungsmitglied. Ziel des Zusammenschlusses ist die Unterstützung der natur- und landschaftsverträglichen Sportausübung. In diesem Rahmen wurden spezielle Empfehlungen für Drachen- und Gleitschirmflieger*innen herausgegeben:

  • Möglichst hoch fliegen, besonders über deckungsarmen Flächen, bei Frost und Schnee sowie im Frühjahr und Frühsommer;
  • Nationalparks, Naturschutzgebiete, Vogelschutzgebiete und Wildfütterungsstellen meiden;
  • Über selten beflogenen Gebieten besonders sorgfältig Flugrouten und Flughöhen wählen. Überraschungseffekte vermeiden;
  • Auf Flüge während der Dämmerung verzichten;
  • Bei auffälligem Verhalten von Greifvögeln abdrehen und wegfliegen;
  • Erosionsgefährdete und feuchte Zonen sowie Magerrasen keiner unnötigen Trittbelastung aussetzen;
  • Nicht im hohen Gras, auf bestellten Feldern und auf besetzten Viehweiden und Pferdekoppeln landen oder das Fluggerät zusammenlegen (4).

(4) Klaassen, B. (DHV) & Scholze, W. (DAeC) (2009). Umwelt und Natur erleben beim Drachen- und Gleitschirmfliegen. Zugriff am 01.09.2020 unter: https://www.dhv.de/fileadmin/user_upload/aktuell_zu_halten/Gelaende/Ausbildungsunterlagen/Umwelt_und_Natur_erleben.pdf

Gleitsegeln und Drachenfliegen können sowohl im Verein als auch individuell betrieben werden. Der Organisationsgrad der Sportler*innen ist hoch: Über 90 % sind in Deutschland Mitglied im DHV, dem weltweit größten Zusammenschluss von Gleitschirm- und Drachenflieger*innen.

Der ursprünglich 1979 als Deutscher Hängegleiterverband gegründete Verband verzeichnet aktuell ca. 39.000 Mitglieder (Stand 2017). Knapp 19.000 Sportler*innen sind in 320 Vereinen organisiert. Mittlerweile betreibt der überwiegende Anteil der DHV-Mitglieder den Flugsport mit dem Gleitschirm. Nach der Legalisierung des Gleitschirmflugbetriebs 1987 stieg die Mitgliedszahl stark an und befindet sich 2019 auf dem höchsten Stand der Geschichte. Die Weiterentwicklungen der Fluggeräte tragen zu der positiven Entwicklung des Sports bei (5).

Der DHV ist neben seiner Funktion als Fachverband auch Beauftragter des Bundesministeriums für Verkehr und dabei zuständig für die Erteilung von Pilotenlizenzen sowie die Erteilung von Geländeerlaubnissen nach § 25 Luftverkehrsgesetz. In Deutschland gibt es ca. 1.100 zugelassene Fluggelände für Gleitschirme und Hängegleiter.

(5) Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V. (2019). Hintergrundinformationen zum Deutschen Gleitschirmverband und Drachenflugverband. Zugriff am 01.09.2020 unter: https://www.dhv.de/verband/der-dhv/hintergrundinformationen/

Über Deutschland befindet sich inzwischen einer der weltweit meistbeflogenen Lufträume. Neben steigender Anzahl der Verkehrsflieger*innen und hohem Passagieraufkommen gibt es militärische Jets, Segelflieger*innen, Gleitschirm- und Drachenflieger*innen, Ultraleichtpilot*innen und Ballonfahrer*innen. Im Vergleich zu anderen Ländern haben Pilot*innen in Deutschland einige Freiheiten (6).

Die wichtigsten Rechtsgrundlagen zur Ausübung des Luftsports finden sich im Luftverkehrsgesetz (LuftVG) und der Luftverkehrsordnung (LuftVO). Wobei nach § 1 LuftVG die Nutzung des Luftraums grundsätzlich frei ist. Allerdings wurde mit der Änderung des Luftrechts 1993 festgelegt, dass jedes Gelände eine Außenstart- und Außenlandeerlaubnis benötigt, will man dort mit Drachen oder Gleitschirm fliegen. Für die Zulassung solcher Gelände ist der DHV zuständig (7). Bei den Zulassungsverfahren nach § 25 LuftVG werden neben der Eignungsprüfung (Geländegutachten) unter anderem auch die zuständigen Naturschutzbehörden beteiligt. Häufig wird der Flugbetrieb mit Auflagen geregelt. So können bspw. naturschutzfachlich sensible Bereiche vom Flugbetrieb ausgenommen werden.

Zudem wurden 2014 in Deutschland die sogenannten „Standardised European Rules of the Air“ (SERA) eingeführt. Sie ersetzen weitgehend die bisherigen nationalen Regelungen (8).

Die Flugbetriebsordnung (FBO) ergänzt die allgemeinen luftrechtlichen Vorschriften aus dem Luftverkehrsgesetz. Darin sind bspw. allgemeine Regeln und der Schleppbetrieb beschrieben (6).

(6) Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V. (2019). Luftraumnutzung durch Gleitschirm- und Drachenflieger. Zugriff am 01.09.2020 unter: https://www.dhv.de/piloteninfos/gelaende-luftraum-natur/luftraumluftrecht/

(7) Luftverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Mai 2007 (BGBl. I S. 698), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 11 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808; 2018 I 472) geändert worden ist.

(8) Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V. (2019). Info-Artikel zum Thema Luftraum/Luftrecht. Zugriff am 01.09.2020 unter: https://www.dhv.de/piloteninfos/gelaende-luftraum-natur/luftraumluftrecht/info-artikel/

Der für den Sport genutzte Naturraum muss gewisse Voraussetzungen erfüllen, z.B. muss für den Fußstart eine Mindesthangneigung gegeben sein. Als Schleppstrecken dienen häufig Wiesen oder Feldwege, als Startplätze Wiesen und andere Freiflächen. Bauliche Maßnahmen sind in der Regel nicht erforderlich. Die Größe des eigentlichen Startplatzes beträgt ca. 20 x 40 m, der hindernisfreie Abflug muss gewährleistet sein.

Als Landefläche ist eine hindernisfreie Fläche (meist landwirtschaftliches Grünland) von etwa 1 ha erforderlich. Diese Fläche wird gegen den Wind angeflogen. Die Drachenpilot*innen richten sich im Endanflug auf und bringen den Drachen durch Ausstoßen des Steuerbügels zum Stehen. Den Gleitschirmpilot*innen genügt eine kleinere Landefläche (ca. 50 x 50 m). Zum Landen reduzieren sie die Geschwindigkeit bis zum Aufsetzen mit beidseitigem Bremsleinenzug.

Die Thermik ist entscheidend für den Flug, um möglichst lange und ggf. weit fliegen zu können. Generell ist das Gleitschirmfliegen stark wetterabhängig, weshalb Wetterkunde auch eine große Rolle in der Ausbildung der Pilot*innen spielt (9, 10).

(9) Knoller, R. & Stritzke, M. (2003) Paragliding Handbuch. Bielefeld: Reise Know-How Verlag Peter Rump GmbH.

(10) Janssen, P., Tänzler, K. & Slezak, P. (2016). Gleitschirmfliegen. München: Nymphenburger Verlag.

Gleitschirmfliegen ist ein naturnaher und umweltfreundlicher Sport. Umfassende Studien belegen, dass der Gleitschirmsport kaum eine nennenswerte Beeinträchtigung für die Umwelt ist (11). Störungen sind dennoch nicht gänzlich ausgeschlossen und können auftreten. Nicht jede Beeinträchtigung ist erheblich und nachhaltig. Entscheidend sind bspw. Geländestruktur, Deckungsmöglichkeiten, Tierartenzusammensetzung, Überflughöhe und Geschwindigkeit.

Große Auswirkungen kann das Aufschrecken von Tieren in bisher weitgehend unberührten Lebens- und Rückzugsräumen haben. Vor allem unter Extrembedingungen (z.B. im Winter) sind Störungen besonders gravierend und können sogar dazu führen, dass Lebensräume aufgegeben werden. Verantwortlich hierfür ist wohl der durch das plötzliche Auftauchen der Flugobjekte hervorgerufene Überraschungseffekt. Reaktionen sind vor allem dann zu erwarten, wenn sie sich aus Sicht der Tiere rasch und unerwartet nähern, z.B. hinter einer Geländekante auftauchen. Tiere reagieren dann vorsorglich mit Flucht und suchen Deckung. Hängegleiter und Gleitschirme bewegen sich im Vergleich zu anderen Luftfahrzeugen zwar allgemein gemächlich und eher langsam, aber dafür öfter in niedrigen Höhen und nicht immer berechenbar.

Streckenflüge sind im Allgemeinen unproblematisch, weil sie fast ausschließlich in großer Höhe und eher selten stattfinden.

In der Nähe von Brutplätzen reagieren Greifvögel während der Brut- und Aufzuchtphase sensibel auf Fluggeräte. Sie „verteidigen“ ihren Horstbereich. Für Steinadler wurden bspw. Schutzbereiche mit einem Radius von 500 m definiert. Außerhalb des Brutbereichs und der Brutzeiten besteht meist friedliche Koexistenz zwischen Greifvögeln, Drachen- und Gleitschirmflieger*innen; sie kreisen häufig im gleichen Aufwind.

Die Vegetation kann Trittschäden durch Sportler*innen und Zuschauer*innen erfahren, vor allem im Bereich der Start- und manchmal auch der Landeplätze. Darüber hinaus können an stärker frequentierten Startplätzen Ansatzstellen für Erosion geschaffen werden. Je steiler und je feuchter der Untergrund ist, desto mehr wird die Vegetation belastet. Zu berücksichtigen sind die Nutzungsfrequenz und der jeweilige Vegetationstyp. Die Nutzung als Startplatz kann aber auch nützlich sein, wenn dadurch eine Verfilzung oder Verbuschung verhindert wird und Lebensräume für besondere Tier- und Pflanzenarten erhalten bleiben.

Auf landwirtschaftlich genutztem Intensivgrünland ist der Flugbetrieb aus naturschutzfachlicher Sicht unbedenklich. Bei einem vielgenutzten Startplatz wird sich die Vegetation zu trittresistenten Pflanzengesellschaften verändern, trittempfindliche Pflanzen können verdrängt werden. Erosionserscheinungen lassen sich mithilfe von Gittermatten vermeiden.

(11) Schlager, T. (2017). Gleitschirmfliegen – Praxiswissen für Anfänger und Profis zu Ausrüstung, Flugtechnik und Streckenfliegen. München: Bruckmann Verlag GmbH.

Neben dem Eindringen in den Lebensraum der Tiere und Pflanzen werden auch die Interessen von Bauern bzw. Bäuerinnen, Forstwirt*innen, Jäger*innen und Naturschützer*innen berührt. Deshalb ist es wichtig, sich an Verhaltensregeln zu halten. Da viele Verbände Aufklärungsarbeit leisten und Fluggebiete aktiv von Vereinen betreut werden, kommt es immer seltener zu Interessenkonflikten (12). Auch die Prüfung der Naturverträglichkeit durch wissenschaftliche Untersuchungen bildet eine gute Basis für einen Dialog und eine Kooperation zwischen Naturschützer*innen und Pilot*innen (13).

Zudem werden Flugplätze und Fluggelände möglichst weit abseits von Ortschaften angelegt, damit die Bevölkerung von den Lärmemissionen des Flugbetriebs, vor allem der startenden und landenden Luftfahrzeuge, nicht gestört wird (14).

(12) Schlager, T. (2017). Gleitschirmfliegen – Praxiswissen für Anfänger und Profis zu Ausrüstung, Flugtechnik und Streckenfliegen. München: Bruckmann Verlag GmbH.

(13) Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg. (o.J.). Naturschutz beim Drachen- und Gleitschirmfliegen. Zugriff am 01.09.2020 unter: http://www.natursport-bw.de/,Lde/Startseite/Natursportarten/Naturschutz+beim+Drachen_+und+Gleitschirmfliegen

(14) Bundesamt für Naturschutz. (2009). Naturschutz für Piloten natur- und umweltbewusst fliegen. Zugriff am 01.09.2020 unter: https://www.dhv.de/piloteninfos/gelaende-luftraum-natur/flugsport-und-natur/ausbildungsunterlagen-naturschutz/

Der Urvater des Menschenflugs, Otto Lilienthal, flog im Sommer 1891 von einem Übungshang in Derwitz bei Potsdam zum ersten Mal mit einer Flugmaschine. Er war der erste Hängegleiterpilot der Welt. Die Entwicklung des heutigen Drachen- und Gleitschirmfliegens begann allerdings erst in den 70er-Jahren mit einer Erfindung des NASA-Ingenieurs Francis Melvin Rogallo. Forschungsarbeiten an Fallschirmen brachten ihn auf die Idee, eine gänzlich flexible Tragfläche aus Stoff zu konstruieren. 1948 hatten er und seine Frau aus einem quadratischen Stück Stoff ein Fluggerät konstruiert, das sowohl an der Schnur gefesselt als auch frei fliegen konnte. Neben den halbstarren Konstruktionen wurden Mitte der 70er-Jahre endlich auch flexible Flächen (Gleitschirme) – wie sie Rogallo schon immer als eigentliches Ziel seiner Arbeit gesehen hatte – getestet.

Der Amerikaner David Barish und der aus Kanada in die USA eingewanderte Domina Jalbert können als die eigentlichen Erfinder des Gleitschirmfliegens angesehen werden, obwohl sie durchaus mit Rogallos Patenten vertraut waren.

Barish hatte bereits 1964 einen Gleitschirm konstruiert, mit dem er Gleitflüge nach Fußstarts vom Berg ausführen konnte. Er glich Rogallos Sportgerät zwar in der Grundform, war aber unabhängig davon entwickelt und durch Barish selbst vielfach getestet und geflogen. 1966 führte er in Skigebieten das „Slope Soaring“ als neue Sportart und Touristenattraktion vor – mit dem Gedanken, das Sommergeschäft vor Ort ankurbeln zu können (15).

Der erste Drachenflieger war Barry Hill Palmer, der 1961 (nach Fotos des halbstarren Rogallo-Flügels) einen Gleiter aus Bambus und Cellophan baute. In den Küstenregionen der USA fand dieser neue Sport großen Anklang. Auch ein Bauplan für einen „Bamboo-Butterfly“ (engl. Bambus-Schmetterling) wurde publiziert. Ende der 60er-Jahre wurden modernere Werkstoffe eingesetzt. 1973 flog der Kalifornier Mike Harker spektakulär von der Zugspitze, erregte damit beachtliche mediale Aufmerksamkeit für den Flugsport und gründete daraufhin die ersten Drachenflugschulen in der Schweiz und in Deutschland (15).

Mitte der 80er-Jahre begann die rasante Entwicklung der Gleitschirme zu den heutigen High-Tech-Flügeln. Mittlerweile sind Drachen mit computerberechneten Flügelprofilen ausgestattet und bestehen aus modernen Werkstoffen wie Edelstahl, Aluminium, Kohlefaser und Segeltuch. Sie wiegen zwischen 20 - 40 kg und haben eine Spannweite von etwa 10 m. Herkömmliche Drachen besitzen eine Gleitzahl von ca. 1:12, d.h. in ruhiger Luft wird bei einer Höhendifferenz von 100 m eine Strecke von 1.200 m zurückgelegt. Moderne Starrflügler sind weiterentwickelte Hängegleiter mit einer Gleitzahl von 1:20.

(15) Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V. (2019). Geschichte des Gleitschirmfliegens. Zugriff am 01.09.2020 unter: https://www.dhv.de/verband/gleitschirmfliegen-geschichte/

Motorschirmfliegen
Das Motorschirmfliegen ist eine Möglichkeit, um unabhängig von Berg und Wind Gleitschirm fliegen zu können. Durch den Motor fliegt der Gleitschirm von jedem für die Ultraleicht-Fliegerei zugelassenen Flugplatz. Er stellt ein ultra-leichtes Fluggerät mit modernen Technologien und Materialien dar (16).

(16) X-RAY Flugsportzentrum Leipzig (o.J.). Motorschirmfliegen. Zugriff am 01.09.2020 unter: https://propellermann.de/index.php?id=7930

Die Sportler*innen erleben während des Fluges die Landschaft aus einer ganz neuen Perspektive – der Vogelperspektive – was immer wieder aufs Neue unvergessliche Eindrücke hinterlässt. Bei nur minimalster technischer Unterstützung eins zu werden mit der Luft, ist der große Reiz der Sportart, aber auch das Starten und Landen in unterschiedlichen Naturräumen ist mehr als nur ein attraktiver Nebeneffekt für die Sportler*innen.

Drachen und Gleitschirme sind motorlose Luftsportgeräte. Werden sie mit Motorkraft betrieben, gelten die Betriebs- und Zulassungsbestimmungen für motorisierte, manntragende Luftfahrzeuge.

Gleitschirmfliegen ist ein Sport für jeden gesunden Menschen. Vorteilhaft sind allgemeine Fitness, stabile psychische Verfassung und gute Motorik. Eine umfangreiche Grundausbildung ist Voraussetzung, um selbst fliegen zu können. Die Lizenz kann bereits mit 16 Jahren erworben werden (17). Die Ausbildung besteht aus einem umfangreichen theoretischen und einem praktischen Teil. Natur- und Umweltschutz sind Bestandteile des Lehrplans. Für doppelsitziges Fliegen und Windenschlepp sind gesonderte Berechtigungen erforderlich.

Um die thermischen Möglichkeiten optimal zu nutzen, wird zumeist in den Frühjahrs- und Sommermonaten sowie tagsüber, in der Regel zwischen 10.00 - 18.00 Uhr, geflogen. Der Flugbetrieb ist sehr stark von der jeweiligen Wetterlage abhängig; bei zu starkem Wind oder Rückenwind kann nicht geflogen werden. Je nach Hangexposition variieren die möglichen Flugtage zwischen 30 - 120 Tagen im Jahr. Um gute Wetterlagen optimal nutzen zu können, sind an einem Standort Startmöglichkeiten für mehrere Windrichtungen erforderlich.

(17) Schlager, T. (2017). Gleitschirmfliegen: Praxiswissen für Anfänger und Profis zu Ausrüstung, Flugtechnik und Streckenfliegen. München: Bruckmann Verlag GmbH.

Ein Tandemflug mit dem Gleitschirm kostet ca. 150 €. Ähnlich teuer ist auch ein Schnupperkurs, in dem erste Flugerfahrungen gemacht werden, wie z.B. Starten und Landen am Übungshang (18).

Bei Flugschulen dauert ein Schnupperkurs 1 - 2 Tage. Hier stehen das Kennenlernen des Fluggerätes, Start-, Steuer- und Landeübungen sowie erste kleine Flüge mit geringem Bodenabstand auf dem Programm. Ein 3- bis 6-tägiger Grundkurs am Übungshang beinhalten außerdem kleine Flüge und die theoretischen Grundlagen. Hier ist mit Kosten von etwa 600 € (inkl. Leihausrüstung) zu rechnen.

Für einen Höhenflugkurs werden mindestens 40 Flüge absolviert. Hier erhalten die Pilot*innen Funkunterstützung durch je eine*n Fluglehrer*in am Start- und Landeplatz und führen so verschiedene Flugübungen aus. Zudem werden 25 Unterrichtsstunden à 45 min. Theorieunterricht absolviert. Im Anschluss an den Höhenflugkurs kann der Luftfahrerschein gemacht werden. Die theoretische und praktische Prüfung müssen hier abgelegt werden.

Die gesamte Ausbildung kostet laut DHV ca. 1.500 €, inklusive Leihausrüstung. Wer sich sein eigenes Ausrüstungsset zulegen möchte, muss mit Kosten ab 4.000 € (neu) oder ab 2.000 € (gebraucht) rechnen (19).

(18) Knoller, R. & Stritzke, M. (2003). Handbuch Paragliding. Bielefeld: Reise Know-How Verlag Peter Rump GmbH.

(19) Deutscher Gleitschirm- und Drachenflugverband e.V. (2019). Die Ausbildung zum Gleitschirmpiloten. Zugriff am 01.09.2020 unter: https://www.dhv.de/fliegenlernen/gleitschirmfliegen/fliegen-lernen/die-ausbildung/

Die Rhön beherbergt eine Vielzahl unterschiedlicher Biotoptypen wie z.B. Borstgrasrasen, Kalkmagerrasen und Feuchtgebiete. Nicht nur das Birkhuhn ist hier heimisch, sondern viele weitere Tierarten, die naturschutzfachlich und zugleich luftsportrelevant sind. Hierzu gehören u.a. Wachtelkönig, Neuntöter und Schwarzstorch.

Das Sportgebiet auf der Wasserkuppe gilt als Entstehungsort des Segelfluges und als traditionsreiches, international bedeutsames Luftsportgebiet. Um gemeinschaftlich am Naturschutz zu arbeiten, wurden die Fluggelände der Region erfasst und aus Sicht des Naturschutzes bewertet. Infolgedessen wurden einige Plätze als kritisch eingestuft. Um Konflikte zu lösen bzw. zu vermeiden, wurden Kompromisse erarbeitet. Hierfür wurden einige Start- und Landeplätze aufgegeben und nach Möglichkeit Ersatzstandorte zur Verfügung gestellt, um bspw. Startmöglichkeiten für bestimmte Windrichtungen zu bieten. Für einzelne wichtige Startplätze, die sich in besonders schützenswerten Bereichen befanden, wurden Nutzungseinschränkungen festgelegt. Für die Wasserkuppe wurden Vereinbarungen zum Flugbetrieb getroffen, nämlich angepasste An- und Abflugrouten und die Einhaltung einer Mindestflughöhe als abgestimmte Regelungen über die tages- und jahreszeitliche Nutzung.

So konnte die angepasste Besucherlenkung ökologisch wertvolle Flächen entlasten. Die sensible und kooperative Herangehensweise beider Parteien konnte Konflikte lösen und potenzielle Konflikte vermeiden (20).

(20) Verband Deutscher Sporttaucher e.V. (2012). Gemeinsam für Natur und Landschaft: Natura 2000 und Sport: Handreichung zur erfolgreichen Kompromissfindung und Managementplanung in empfindlichen Lebensräumen. Zugriff am 01.09.2020 unter: https://www.dbu.de/OPAC/ab/DBU-Abschlussbericht-AZ-20432.pdf

Im Nationalpark Berchtesgaden wird seit 1994 der Bestand und Bruterfolg der Steinadler überwacht. Hier bestand die Befürchtung, dass die Zunahme des Luftsports und der touristischen Nutzung des Raumes die Bruterfolge negativ beeinträchtigen könnten.

„Thermik nützen – Adler schützen“ – unter diesem Motto besteht ein Kooperationsprojekt zwischen dem DHV und dem Biosphärenreservat Berchtesgaden. Ein Informationssystem informiert Pilot*innen gezielt über die für den Steinadler sensiblen Bereiche, sodass diese Gebiete bewusst umflogen werden können. Zusätzlich werden mögliche Alternativen für die Flieger*innen direkt angezeigt. Das System ist so erfolgreich, dass es mittlerweile auch in anderen Gebieten Anklang gefunden hat. Aufgrund der Zusammenarbeit mit den örtlichen Drachen- und Gleitschirmvereinen ist die Akzeptanz der Regelungen sehr hoch (21).

(21) Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (o.J.). Naturschutz beim Drachen- und Gleitschirmfliegen. Zugriff am 01.09.2020 unter: http://natursport-bw.de/,Lde/Startseite/Natursportarten/Naturschutz+beim+Drachen_+und+Gleitschirmfliegen