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Rodeln

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wurde die erste Rodelanleitung entwickelt und verschriftlicht.
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des BayNatSchG besagt, dass das Schlittenfahren unter Betreten der freien Landschaft fällt.
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Mitglieder, organisiert in ca. 100 Vereinen, hat der Bob- und Schlittenverband in Deutschland (BSD).
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der in Deutschland lebenden Bevölkerung geht regelmäßig Schlittenfahren.
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der Verletzungen beim Rodeln sind Knochenbrüche.
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gibt es bei Wettbewerben eine offizielle Trennung in die Kategorien „Kunstbahn“ und "Naturbahn".

Die folgenden Inhalte wurden in Zusammenarbeit mit dem DSV erstellt.

Rodeln ist eine wintersportliche Aktivität, die sowohl leistungsmäßig als auch breitensportlich betrieben werden kann. Beim breitensportlichen Rodeln oder Schlittenfahren wird auf einem Rodel oder Schlitten ein schneebedeckter Hang hinuntergefahren. Die Begriffe Rodel und Schlitten werden im Folgenden, in Anlehnung an den Duden, synonym verwendet (1). Der Begriff Rodeln wird vor allem im Süden des deutschsprachigen Raumes gebraucht, während man nördlich der bayrischen Grenze eher vom Schlittenfahren spricht (2). Heutzutage gibt es sowohl Schlitten mit, als auch Schlitten ohne Lenkvorrichtung. Ein klassischer Schlitten besteht aus zwei Kufen mit Aufbug, unter welchen sich eine Eisensohle befindet. Zwischen den Kufen befinden sich Querleisten, auf denen ein bis drei Personen Platz finden. In der Regel wird mit den Füßen gelenkt, es gibt keine Lenkvorrichtung (3). Weitere Schlitten und Rodelmodelle werden unter den Varianten der Sportart angeführt.

(1) Dudenredaktion. (o.J.). Rodel. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.duden.de/rechtschreibung/Rodel_Rassel_Schlitten

(2) Matthews, G. (2015). Schlitten oder Rodel – Unterscheide in Technik und Fahreigenschaften. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.schlittenberater.de/schlitten-oder-rodel-unterschiede-in-technik-und-fahreigenschaften/

(3) Rziha, A. (1911). Wie lerne ich rodeln. München: Verlag der deutschen Alpenzeitung GmbH.

Da beim Rodeln hohe Geschwindigkeiten erreicht werden können, handelt es sich keineswegs um ein harmloses Kindervergnügen. Um Verletzungen vorzubeugen wurde bereits 1911 von Rziha eine Rodelanleitung entwickelt, die in Teilen auch heute noch gültig ist. Vor der ersten Abfahrt sollten sich die Sportler*innen mit den Lenk- und Bremstechniken vertraut machen und gegebenenfalls in flachem, ungefährlichen Gelände einige Übungsfahrten unternehmen. Rziha weist weiter darauf hin, dass bereits beim Aufstieg die Rodelstrecke begutachtet werden muss, um eventuelle Gefahrenstellen ausfindig zu machen. Vor dem Rodeln sollte die Kleidung geschlossen werden, damit aufwirbelnder Schnee abgehalten wird, sowie Rodelkufen und Schuhsohlen von Schnee befreit werden, um optimales Lenken und Bremsen zu ermöglichen. Zur Verletzungsprophylaxe sollten die Beine stets möglichst nah am Rodel gehalten werden (4).

Grundlegende Verhaltensregeln werden zudem vom Verband Deutscher Seilbahnen (VDS e.V.), dem italienischen Verein Sicher Rodeln und dem Österreichischen Kuratorium für alpine Sicherheit formuliert (5, 6, 7, 8):

  1. Rücksichtnahme gegenüber anderen Rodlern. Sportler*innen sollten jederzeit verantwortungsvoll fahren und andere Rodler*innen nicht in Gefahr bringen.
  2. Die Fahrgeschwindigkeit sollte dem eigenen Können sowie den Wetter- und Bahnverhältnissen angepasst werden.
  3. Gegenüber Vorausfahrenden Rodler*innen sollte ein Mindestabstand von 8 Metern eingehalten werden.
  4. Die Rodelbahn sollte stets freigehalten und auf ein Anhalten an schlecht einsehbaren Stellen verzichtet werden. Im Falle eines Sturzes sollten die Rodler*innen die Bahn schnellstmöglich räumen.
  5. Hinweis- und Warnschilder müssen stets beachtet werden.
  6. An Kreuzungen mit Wanderwegen und Skipisten ist erhöhte Vorsicht geboten.
  7. Der Aufstieg sollte ausschließlich hintereinander am Rand der Rodelbahn, bevorzugt auf der Innenseite ebendieser oder auf speziell dafür ausgeschriebenen Wegen erfolgen.
  8. Es sollte nur mit Helm, Skibrille, festen Schuhen mit gutem Sohlenprofil und Handschuhen gerodelt werden.
  9. Überholt werden sollte grundsätzlich nur an gut einsehbaren Stellen mit moderater Geschwindigkeit.
  10. Rodeln auf Skipisten birgt hohes Gefahrenpotenzial und ist deshalb verboten.

Das Tragen eines Helmes wird vom Verband Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte (VDS e.V.) empfohlen, in Deutschland herrscht jedoch keine Helmpflicht für das Betreiben von Wintersportarten. Zumindest beim Ski- und Snowboardfahren hat es sich dennoch weitestgehend etabliert einen Helm zu tragen. In Österreich gibt es eine Helmpflicht für Kinder bis 15 Jahren für die Ausübung jeglichen Wintersports auf präparierten Pisten, jedoch wird das Nicht-Beachten nicht bestraft. In Italien hingegen können bei Missachtung der Helmpflicht bei Wintersportaktivitäten auf der Piste, gültig für Kinder bis 14 Jahre, bis zu 200 € Strafe anfallen (9).

Zusätzlich gelten auch für Rodler*innen die vom Internationalen Skiverband FIS (Fédération Internationale de Ski) festgelegten Umweltregeln für den Wintersport. Auch wenn in den Regeln der FIS nur das Ski- und Snowboardfahren ausdrücklich erwähnt werden, gelten diese gleichermaßen für das Rodeln (10):

  1. Informieren Sie sich über Ihr ausgewähltes Gebiet. Unterstützen Sie die Orte, die sich um die Umwelt sorgen.
  2. Wählen Sie umweltfreundliche Verkehrsmittel – Bus und Bahn – zur Anreise.
  3. Bilden Sie Fahrgemeinschaften bei Anreise mit dem Auto.
  4. Lassen Sie Ihr Auto am Skiort stehen, nehmen Sie den Skibus.
  5. Fahren Sie nur bei ausreichender Schneedecke Ski und Snowboard.
  6. Halten Sie sich an die markierten Pisten und Loipen.
  7. Beachten Sie Pistenmarkierungen und -sperrungen.
  8. Verzichten Sie auf das Fahren abseits der Pisten besonders in Waldgebieten.
  9. Fahren Sie nicht in geschützte Gebiete. Schonen Sie die Tiere und Pflanzen.
  10. Nehmen Sie Ihren Abfall mit.

(4) Rziha, A. (1911). Wie lerne ich rodeln. München: Verlag der deutschen Alpenzeitung GmbH.

(5) Schimpel, C. (o.J.). Nützliches. Regeln für Ski und Snowboard. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.allgaeu-ski.de/nuetzliches.html

(6) VDS e.V. (2015). VDS-Empfehlung Rodel-Tipps. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.seilbahnen.de/wp-content/uploads/Rodel-Tipps-Wi-20141.pdf  

(7) Österreichisches Kuratorium für Verkehrssicherheit. (2019). Schon mehr als 100 Rodeltafeln auf österreichischen Rodelbahnen im Einsatz. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.kfv.at/schon-mehr-als-100-rodeltafeln-auf-oesterreichischen-rodelbahnen-im-einsatz/

(8) Eder, E. (2010). Rodeln. Sicher, genussvoll und mit Qualität. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.alpenverein.at/portal_wAssets/docs/service/bergauf/pdf_downloads/bergauf_2010/Bergauf-1_10.pdf

(9) DSVaktiv. (2012). Skihelmpflicht? Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.ski-online.de/files/dsv-aktiv/PDF/Aktuelles/Skihelme-im-Test.pdf

(10) DSV-Umweltbeirat. (o.J.). DSV-Umweltregeln.

Der Organisationsgrad der Sportart Schlittenfahren ist in Deutschland eher niedrig. Der 1911 gegründete Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) und seine neun Mitgliedsvereine fokussieren sich eher auf die Organisation des Leistungs- als auf die des Breitensports. Der BSD koordiniert neun Landesverbände mit circa 100 Vereinen und knapp 6.500 Mitgliedern (11). Demgegenüber stehen die Zahlen der Grundlagenstudie Wintersport, welcher zufolge knapp 65 % der Befragten bereits Erfahrung im Schlittenfahren sammeln konnten. 23 % gaben Schlittenfahren sogar als ihre Hauptwintersportart an. Dies lässt darauf schließen, dass nur wenige Schlittenfahrer*innen sich in Vereinen organisieren, da die Zahl der aktiven Schlittenfahrer*innen vermutlich deutlich über den 6.500 in Vereinen organisierten Aktiven liegt (12).

Der BSD ist eines der Mitglieder der International Bobsleigh & Skeleton Federation (IBSF), welche den Bob- und Skeletonrennsport international organisiert.

(11) BSD. (o.J.). BSD Historie. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.bsd-portal.de/der-bsd/bsd-historie/

(12) Roth, R., Krämer A., Severiens, J. (2018). Zweite Nationale Grundlagenstudie Wintersport Deutschland 2018. Schriftenreihe SIS.

Das Grundrecht zum Betreten der freien Landschaft nach § 59 Abs. 1 BNatSchG und § 14 Abs. 1 BWaldG ist allgemein auch für Schneesportler*innen gültig. Einzelheiten sind länderspezifisch in ihren jeweiligen Landschaftsgesetzen geregelt.

Für den organisierten Raum gelten bestimmte Regeln und Pflichten. Zum organisierten Raum gehören auch extra ausgewiesene Rodelstrecken.

Betreiber*innen der Pisten sind im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht rechtlich dazu verpflichtet, die Sicherheit der Schlittenfahrer*innen nicht nur für den Bergtransport, sondern auch für die Abfahrt zu gewährleisten. Ihre Pflichten beziehen sich auf den Schutz vor unvorhersehbaren oder trotz regelkonformen Verhaltens unvermeidbaren Gefahren (= atypische Gefahren) durch Beseitigung derselben sowie ausreichende Sicherungsvorkehrungen. Um den Sicherungspflichten nachzukommen, kann es vorkommen, dass Teile des sog. organisierten Skiraums geschlossen oder gesperrt werden. Eine geschlossene Strecke, z.B. nach der letzten Kontrollfahrt des Pistendienstes, kann zwar befahren werden, jedoch auf eigene Gefahr. Sperrungen hingegen werden durch die Verwaltungsbehörde ausgesprochen. Diesem Verbot ist unbedingt Folge zu leisten, um andere nicht zu gefährden. Im Falle der Nichtbeachtung ist mit gesetzlichen Strafen zu rechnen.

Eigenverantwortlichkeit spielt eine große Rolle im Schneesport. Dies gilt sowohl auf der Piste aus auch im freien Raum. In Letzterem bewegen sich die Wintersportler*innen ausschließlich auf eigene Gefahr, da diese Gebiete weder kontrolliert noch gesichert sind. Grundsätzlich darf der Wintersport überall in der freien Natur betrieben werden, es sind jedoch lokale Einschränkungen durch behördliche Anordnung oder in Schutzgebieten zulässig. Das Einholen von Informationen vor Ort ist wird empfohlen, Regelungen zum Schutz der Natur sollen respektiert werden (13). Das Bayerische Naturschutzgesetz erwähnt in Art. 29 explizit, dass das Schlittenfahren unter das „Betreten“ der freien Landschaft fällt und erlaubt dieses somit in allen Teilen der freien Natur unentgeltlich für jedermann und jedefrau (14).

(13) DSV e.V. (2013). Schneesport und Recht. In DSV e.V. (Hrsg.), DSV-Theorielehrbuch (S. 98-137). Planegg: DSV e.V.

(14) BayNatSchG Art. 29 Sportliche Betätigung. Zugriff am 02.09.2020 unter: http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayNatSchG-27

Es sind natürliche Voraussetzungen für das Schlittenfahren hinsichtlich des Klimas, des Reliefs und der Vegetation erforderlich. Dazu zählen ausreichend kalte Temperaturen für Schneefall sowie Hügel oder Berge, um Geschwindigkeit zu erzeugen. In Deutschland sind diese Bedingungen nicht nur in den Mittelgebirgen und den Alpen gegeben. Bereits bei geringen Schneemengen kann auf kleinen Hügeln bspw. in Stadtparks gerodelt werden. Für das Schlittenfahren sind eine deutlich niedrigere Schneedeckenhöhe und weniger hohe Berge als für den Skisport vonnöten. Ab circa 10 cm Schneehöhe kann auf Rodelbahnen, welche extra für das Rodeln konstruiert sind, oder auf Rodelhängen, bei denen es sich um Hügel von zwei bis vier m Höhenunterschied handelt, gerodelt werden (15, 16, 17).

(15) Fickenscher, F. (2016). Grundlagenuntersuchung zum freizeitbetriebenen, schneegebundenen Rodeln auf Naturbahnen im Hinblick auf Unterschiede verschiedener alpiner Regionen an den Beispielen Deutschland, Italien, Österreich. Köln: Deutsche Sporthochschule Köln.

(16) Neumann, K. (1987). Entwicklung sicherer und winterfester Rodelbahnen. Als Beitrag zur Aktivierung von öffentlichen Grünanlagen im Winter, dargestellt am Beispiel Berlin Marienfelde, Freizeitpark Marienfelde. Hannover: Druck-Team Hannover.

(17) Becker, A. (2019). Wintersport im Fünfseenland. Startklar am Skihügel. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/starnberg/wintersport-im-fuenfseenland-startklar-am-skihuegel-1.4275054

Vor allem beim Rodeln auf extra dafür präparierten Strecken in Wintersportgebieten treten ähnliche Auswirkungen wie beim Skifahren auf. Liftanlagen und Pistenpräparation sowie künstliche Beschneiung können Auswirkungen auf den Naturraum haben (18). Pistenplanierungen führen zur Zerstörung der Pflanzendecke und der ursprünglichen Bodenschichten. Zusätzlich wird der Boden verdichtet, dadurch der Wasserabfluss beeinträchtigt und die Erosionsgefahr erhöht. Planierungen können weiterhin zu Artenschwund in Flora und Fauna führen (19). Besonders sensibel auf Störungen im Alpenraum reagieren die Raufußhühner (Auerhuhn, Birkhuhn, Schneehuhn). Diese Tiere können im Winter nur in den Stunden unmittelbar vor und nach der Dämmerung ihre Nahrung aufnehmen. Da sie keine Fettreserven anlegen, führt der erhörte Energieverbrauch bei Beunruhigung zu einem raschen Ansteigen des Mortalitätsrisikos, bei Störungen während der Balzzeit zur Schwächung der Population (21).

Generell sollten die allgemeinen Verhaltensregeln für Wintersportler*innen beachtet werden. Schlittenfahrer*innen haben die Möglichkeit, durch verantwortungsbewusstes Handeln die mit dem Sport verbundenen Umweltprobleme nicht unnötig zu erhöhen. Dazu gehören z.B. die umweltverträgliche Anreise, die Auswahl umweltfreundlicher Unterkünfte oder die Beachtung spezifischer Hinweise zum Schutz von Wald und Wild in den Randbereichen der Wintersportgebiete und deren Pisten (22).

Durch Rodeln bei nicht ausreichend hoher Schneedecke kann es zu Zerstörung der Grasnarbe kommen. Dieses Phänomen tritt vor allem an Rodelstrecken in dicht besiedelten stadtnahen Gebieten oder innerstädtischen Grünanlagen auf. Rodler*innen sollten entsprechend darauf achten, dass ausreichend Schnee liegt, um die Grasnarbe zu schonen (23, 24).

(18) Hahn, F. (2004). Künstliche Beschneiung im Alpenraum. Ein Hintergrundbericht. Schaan: alpMedia.

(19) Bund Naturschutz in Bayern e.V. (2007). Der künstliche Winter. Mit Schneekanonen gegen den Klimawandel. München: Bund Naturschutz in Bayern.

(20) Bayerisches Landesamt für Umwelt. (2010). Perspektiven naturverträglicher Sport- und Erholungsnutzung im bayerischen Alpenraum. Projektbericht. Augsburg: Bayerisches Landesamt für Umwelt.

(21) Ingold, P. (2005). Freizeitaktivitäten im Lebensraum der Alpentiere. Basel: Haupt Verlag.

(22) DSV- Umweltbeirat. (o.J.). DSV- Umweltregeln. Planegg: Deutscher Skiverband e.V.

(23)Zeitung für die Landeshauptstadt (svz). (2012). Rodler im Schlossgarten ausgebremst. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.svz.de/lokales/zeitung-fuer-die-landeshauptstadt/rodler-im-schlossgarten-ausgebremst-id4276326.html

(24) Leipziger Volkszeitung. (2018). Alles klar für den Test: Ski und Rodel gut auf dem "Mount Cröbern". Zugriff am 02.09.2020 unter: http://www.lvz.de/Region/Markkleeberg/Alles-klar-fuer-den-Test-Ski-und-Rodel-gut-auf-dem-Mount-Croebern

Die Geschichte des Rodelns beginnt mit der Notwendigkeit Lasten zu befördern. Zunächst wurden Schlitten eingesetzt, um schwere Frachten über größere Entfernungen zu transportieren. Bereits die alten Ägypter nutzten im Bauwesen sogenannte Schleifen für den Transport großer Steine (25). Weiterhin gibt es Funde, die bestätigen, dass auch in der Bronzezeit und bei den Wikingern Schlitten verwendet wurden. Die frühen Schlitten wurden nicht nur auf Schnee sondern auf vielerlei Untergrund eingesetzt. Allerdings lässt sich aufgrund der zahlreichen, verschiedenen Funde kein eindeutiger Rückschluss darauf ziehen, wo und wann erstmals ein Schlitten genutzt wurde. Das freizeitlich betriebene Rodeln findet seinen ersten Nachweis in einer Schrift des Nürnberger Poeten Hans Sachs, welcher 1520 die „Freuden des Schlittenfahrens“ erwähnt (26). Ab dem 17. Jahrhundert verbreitete sich das Schlittenfahren im Winter als gesellschaftliches Vergnügen und sportlich-spielerische Freizeitbetätigung (26). Im 17. Jahrhundert entstanden in Russland in der Gegend um Sankt Petersburg und in Moskau sogenannte „Russische Berge“. Rampen aus Holz wurden mit Schnee und Eis bedeckt, sodass auf den künstlichen „Hügeln“ mit Schlitten heruntergerutscht werden konnte (27). Seit dem 18. Jahrhundert diente der Lastschlitten vor allem in den nördlichen Ländern und im Alpenraum als Arbeits- und Transporthilfe, um bspw. schwere Lasten von den Bergen ins Tal hinunterzufahren (27).

Im Jahre 1840 soll im Schlosspark Bellevue in Berlin die erste Rodelbahn entstanden sein. Durch künstliche Rodelbahnen verlagerte sich der Schlittensport auch ins flache Land und wurde der breiten Masse zugänglich gemacht. Zunächst galt Rodeln ausschließlich als Freizeitbeschäftigung für Kinder, erst im 19. Jahrhundert wurde es auch für Erwachsene zur Freizeitbeschäftigung mit Belustigung und körperlicher Betätigung (26). Ab den 1880er-Jahren entwickelte sich neben dem Freizeitsport zusätzlich das Rodeln mit Wettkampfcharakter. Durch die Gründung von Vereinen und die Austragung von Wettkämpfen errang Rodeln zunehmend gesellschaftliche Anerkennung (27).

Heute gilt Rodeln als beliebte Freizeitbeschäftigung für nahezu jedes Alter und wird vielerorts im Tourismus neben Ski, Snowboard und Langlaufen als alternative Wintersportbetätigung angeboten.

(25) Lugger, L. (1988). Verletzungen beim Rodeln. Verletzungsmuster, Verletzungsschwerpunkte, Risiko im Breiten- und Leistungssport. Stuttgart: Thieme.

(26) Neumann, K. (1987). Entwicklung sicherer und winterfester Rodelbahnen. Als Beitrag zur Aktivierung von öffentlichen Grünanlagen im Winter, dargestellt am Beispiel Berlin Marienfelde, Freizeitpark Marienfelde. Hannover: Druck-Team Hannover.

(27) BSD e.V. (o.J.). Der Rennrodelsport. Der Beginn. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.bsd-portal.de/sport/rennrodeln/der-sport/

Breitensportliches Rodeln/Schlittenfahren

Das breitensportliche Rodeln findet überwiegend auf dafür ausgewiesenen Rodelbahnen, welche oftmals an Skigebiete angegliedert sind und die dortige Infrastruktur mitnutzen, und auf innerstädtischen oder stadtnahen Rodelhängen statt und dient ausschließlich dem Vergnügen. 

Die Rodel werden nach Material (Kunststoff, Holz oder Alu), technischen Merkmalen (vor allem Lenkbarkeit) und äußerer Erscheinung unterschieden. Das bekannteste und am weiten verbreiteteste Modell ist der Davoser Rodel, ein klassischer Holzschlitten mit starr befestigten Kufen, der sich nur über den Einsatz der Füße lenken lässt. Der Freizeitrodel ähnelt dem Davoser Rodel in seinem äußeren Erscheinungsbild, lässt sich jedoch dank der flexibel mit Gummilagern angebrachten Kufen auch durch Gewichtsverlagerung und Ziehen des Leitriemes lenken. Sowohl den Davoser Rodel als auch den Freizeitrodel gibt es als Holz-, Aluminium- oder Kunststoffmodell. Bei Kindern finden vor allem der Kunststoffbob mit Lenksystem, bei dem Kunststoffkufen über ein Lenkrad gesteuert werden, und der Zipflbob großen Anklang. Bei Letzterem ist in der Mitte ein Haltegriff angebracht, der durch Gewichtsverlagerung die Lenk- und Bremseinsätze der Füße unterstützen kann. Weitere Varianten sind der Tourenrodel, der Plastikrutscher und der Aluminiumrodel (28).

Bob

Der erste Bobschlitten wurde 1888 vom Engländer Wilson Smith gebaut. Dieser verband zwei Schlitten durch ein Brett, wobei der vordere Teil mithilfe von Seilen lenk- und steuerbar war. Zunächst versuchten die Teams durch gemeinsames Hin- und Herwippen, dem „bobben“, auf geraden Streckenabschnitten die Geschwindigkeit zu erhöhen. Das erste Rennen fand bereits 1889 in Davos statt. Seit 1924 ist Bobfahren als olympische Disziplin bei den Winterspielen vertreten. Zunächst wurden die Rennen in Fünfer-Bobs ausgetragen. Seit 1932 gehen die Athlet*innen in Vierer- und Zweier-Teams an den Start.

Die Mannschaft des Zweierbobs setzt sich aus Bremser*in und Steuermann bzw. -frau, dem/der Pilot*in, zusammen. In der Viererbob-Disziplin kommen zusätzlich zwei Anschieber*innen dazu (29).

Rennrodeln

Um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert wurde der Schlittensport in Europa populär und es wurden erste internationale Wettkämpfe ausgetragen. Nachdem 1955 in Oslo die erste Weltmeisterschaft im Rennrodeln stattgefunden hatte, wurde das Rennrodeln 1964 in Innsbruck olympisch.

Beim Rennrodeln liegt der/die Athlet*in in einer gestreckten aerodynamischen Haltung auf dem Rücken und lenkt den Schlitten durch Gewichtsverlagerungen und Beindruck am Schlittenaufbug. Der Rennschlitten besteht aus zwei Böcken, einer Sitzschale, zwei Kufen und zwei fest auf den Kufen montierten Laufschienen und ähnelt äußerlich dem Freizeitrodel. Lenkbar wird der Schlitten durch die flexible Verbindung der Böcke mit den Kufen und der Geometrie der Laufschienen, die dem Grundprinzip der Carving-Ski folgt. So kann der Schlitten durch Verlagerung des Oberkörpers und gezielter Bein-Druckausübung auf den Aufbug des Schlittens gelenkt werden (30).

Skeleton

Im Jahre 1886 wurde das „Cresta-Rennen“ in St. Moritz erstmals von einem Fahrer mit dem Kopf voran auf dem Schlitten liegend durchgeführt. Aus diesem Versuch, dem „Cresta-Skeleton“, entwickelte sich das heute als Wettkampfsportart ausgetragene Skeleton. Der Name Skeleton lässt sich vermutlich auf die skelettähnliche Form des Schlittens zurückführen. Skeleton war bereits 1928 und 1948 im olympischen Programm vertreten und wurde 2002 nach 54-jähriger Pause wieder Bestandteil der Olympischen Winterspiele.

Nach einem kraftvollen Sprint springt der/die Athlet*in auf den Schlitten und fährt anschließend in Bauchlage und mit dem Kopf voraus. Der Schlitten wird durch wechselseitige Druckverlagerungen mit Beinen und Schultern gesteuert. Der Skeleton Schlitten hat im Gegensatz zum Rennrodel keine Kanten an den Kufen und ist entsprechend schwerer lenkbar (31).

Naturbahn

Zunächst wurden Rodelrennen ausschließlich auf verschneiten Wald- und Forstwegen durchgeführt. Von Anfang des 20. Jahrhunderts an wurden Rodelbahnen mit überhöhten und vereisten Kurven angelegt, um schnellere Geschwindigkeiten zu erzeugen und das vorzeitige Wegtauen der Bahnen zu vermeiden. Obwohl bereits seit Beginn des 19. Jahrhunderts Kunsteisbahnen existierten, wurde erst 1969 eine offizielle Trennung in die Kategorie „Kunstbahn“ und „Naturbahn“ vorgenommen. Bis heute stellt das Rennrodeln auf Naturbahnen eine umweltfreundliche und nachhaltige Natursportart dar. Durch die fehlende künstliche Vereisung und der vielfältigen Nutzung der Rodelstrecken, die im Sommer als Forst- und Bergstraßen dienen, bleibt diese Disziplin eine der natürlichsten Formen des Rodelns (32).

(28) Fickenscher, F. (2016). Grundlagenuntersuchung zum freizeitbetriebenen, schneegebundenen Rodeln auf Naturbahnen im Hinblick auf Unterschiede verschiedener alpiner Regionen an den Beispielen Deutschland, Italien, Österreich. Köln: Deutsche Sporthochschule Köln.

(29) BSD. (o.J.). Der Bob Sport. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.bsd-portal.de/sport/bob/der-sport/

(30) BSD. (o.J.). Der Rennrodel Sport. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.bsd-portal.de/sport/rennrodeln/der-sport/

(31) BSD. (o.J.). Der Skeleton Sport. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.bsd-portal.de/sport/skeleton/der-sport/

(32) BSD. (o.J.). Der Naturbahn Sport. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.bsd-portal.de/sport/naturbahn/der-sport/

Hauptmotive für rodelnde, deutsche Urlaubsreisende sind Entschleunigung, Sicherheit, Familie und soziale Beziehungen, naturnaher Sport und die regionale Küche (33). Die drei Hauptmotive der Wintersportler*innen im Allgemeinen sind das intensive Landschaftserlebnis, die Suche nach Ruhe und Erholung sowie der Wunsch, etwas für die Gesundheit zu tun. Weitere Motive sind u.a. das Gleiterleben und soziale Beziehungen (34). Für Jugendliche steht Spaß, Sport und Vergnügen im Vordergrund, während für Eltern eher Naturerlebnis und Erholung von primärer Bedeutung sind (35). Einer weiteren in Deutschland, Österreich und Italien durchgeführten Befragung zur Folge wollen knapp 30 % der Befragten beim Rodeln etwas erleben und etwas mehr als 20 % bewerten das Gleiterlebnis als wichtigen Bestandteil des Rodelsportes. Bei gesonderter Betrachtung der regelmäßigen Rodler*innen nennen 67 % das Gleiterlebnis als besonders wichtig und 56 % die intensive Wahrnehmung der Natur. Gelegenheitsrodler*innen beschreiben häufiger das Gefühl etwas zu erleben als besonders wichtig. Aber auch bei ihnen spielen das Gleiterlebnis und die Wahrnehmung der Landschaft eine große Rolle (36).

(33) Kantar TNS (Hrsg.). (2018). Trendstudie Wintersport in Deutschland 2017/18. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.nordicarena.de/app/download/5818295091/trendstudie-wintersport-2017-2018.pdf

(34) Roth, R., Krämer, A., Görtz, M. (2012). Grundlagenstudie Wintersport Deutschland. Schriftenreihe „Natursport und Ökologie“, Bd, 26.

(35) Manova (Hrsg.). Zusammenfassung der Kernergebnisse. In Zukunftssicherung Wintersport: Skifahrer, Aufhörer & Nicht-Skifahrer (2003). Zugriff am 02.09.2020 unter: https://fis-db.dshs-koeln.de/ws/portalfiles/portal/3206136/INOEK_Band_26_Grundlagenstudie_Wintersport_Deutschland.pdf  

(36) Fickenscher, F. (2016). Grundlagenuntersuchung zum freizeitbetriebenen, schneegebundenen Rodeln auf Naturbahnen im Hinblick auf Unterschiede verschiedener alpiner Regionen an den Beispielen Deutschland, Italien, Österreich. Köln: Deutsche Sporthochschule Köln.

Das Rodeln erfordert zunächst nur einen Schlitten und einen schneebedeckten abschüssigen Untergrund. Anders als beim Skifahren oder Langlaufen ist keine besondere Infrastruktur vonnöten. Ein Abhang in einem Park oder Garten ist besonders für Kinder oft bereits ausreichend. Weiterhin ist Rodeln bereits bei deutlich geringerer Schneehöhe möglich als andere Wintersportarten. Von Vorteil sind weiterhin Schuhe mit fester Sohle sowie dem Wetter angepasste Kleidung, wie bspw. Schneehose, Winterjacke und Handschuhe.

Rodeln gilt als Freizeitbeschäftigung für die ganze Familie und unterliegt keiner Altersbeschränkung. Voraussetzung ist lediglich eine ausreichende körperliche Fitness, um die Rodelstrecke hinauflaufen zu können. Babys und Kleinkinder können gemeinsam mit Erwachsenen rodeln, während etwas größere Kinder mit Bobs oder anderen Schlitten mit Lenkvorrichtung auch schnell alleine rodeln können.

Die Sportart ist bei jungen Erwachsenen zwischen 20 - 30 Jahren am beliebtesten. Meist gehen die Rodler*innen bereits seit ihrer Kindheit mit Eltern oder Freunden rodeln (38).

Um das Verletzungsrisiko beim Rodeln möglichst gering zu halten, ist besonders eine dem persönlichen Können angemessene Geschwindigkeit wichtig. Die häufigsten Verletzungen sind Knochenbrüche (60 %) und Prellungen (20 %) (39). Vor allem Kinder verletzen sich häufiger. Laut einer österreichischen Statistik sind 42 % der Verletzten unter 14 Jahre alt. Ein Helm sollte in jedem Alter unbedingt getragen werden (40).


(37) Ahlert, G., Meyrahn, F., Heiden, I., Preuß, H. (2013). Wirtschaftsfaktor Wintersport: aktuelle Daten zur Sportwirtschaft. Berlin: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Hrsg.).

(38) Fickenscher, F. (2016). Grundlagenuntersuchung zum freizeitbetriebenen, schneegebundenen Rodeln auf Naturbahnen im Hinblick auf Unterschiede verschiedener alpiner Regionen an den Beispielen Deutschland, Italien, Österreich. Köln: Deutsche Sporthochschule Köln.

(39) KFV. (2015). Anteil der schweren Rodelunfälle (2013-2015 durchschnittlich pro Jahr) nach Bundesländern. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://unfallstatistik.kfv.at/index.php/heim-freizeit-sport/anteil-der-schweren-rodelunfalle-nach-bundeslandern

(40) KFV. (2019). Helm tragen soll auch beim Rodeln selbstverständlich werden!. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.kfv.at/kfv-helm-tragen-soll-auch-beim-rodeln-selbstverstaendlich-werden/

Laut einer Analyse des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gehen 2,3 % der in Deutschland lebenden Bevölkerung (1,91 Mio.) regelmäßig Schlittenfahren. Die Konsumausgaben für das Schlittenfahren belaufen sich dabei jährlich auf etwa 0,5 Mrd. € (41). Die Ausgabebereitschaft der Rodler*innen pro Person und Tag wurde ebenfalls in einer Studie erfasst. Über 50 % der Befragten waren bereit mindestens 1-10 € für den Liftpass auszugeben. 9 % gaben an, 11-20 € für einen Liftpass inkl. Rodelnutzung ausgeben zu wollen. Allgemein sind Schlittenfahrer*innen nur in geringem Maße bereit Geld für Unterkunft, Verpflegung, Material und Beförderung auszugeben. Hinsichtlich der Urlaubsplanung gaben nur knapp 5 % der Befragten an in den nächsten 24 Monaten einen Übernachtungsurlaub mit dem Hauptgrund Rodeln zu planen, 33 % hingegen planen einen Tagesausflug in den nächsten 24 Monaten mit dem Hauptgrund Rodeln (42).

(41) Ahlert, G., Meyrahn, F., Heiden, I., Preuß, H. (2013). Wirtschaftsfaktor Wintersport: aktuelle Daten zur Sportwirtschaft. Berlin: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Hrsg.).

(42) Fickenscher, F. (2016). Grundlagenuntersuchung zum freizeitbetriebenen, schneegebundenen Rodeln auf Naturbahnen im Hinblick auf Unterschiede verschiedener alpiner Regionen an den Beispielen Deutschland, Italien, Österreich. Köln: Deutsche Sporthochschule Köln.

Die Hörnle Schwebebahn Bad Kohlgrub formuliert auf ihrer Internetseite explizit Regeln, an die sich Schlittenfahrer*innen halten sollen, um das Schlittenfahren unfallfrei und nachhaltig zu gestalten. So wird explizit erwähnt, dass die Schlittenfahrer*innen Natur und Umwelt schützen und keinen Müll hinterlassen sollen. Die 4,5 km lange präparierte Rodelbahn ist gleichermaßen für Familien und sportlich ambitionierte Schlittenfahrer*innen angelegt und bietet so Möglichkeiten für jedes Alter und jedes Können. Der Startpunkt ist zu Fuß oder bequem mit der Schwebebahn zu erreichen (43).

(43) Hörnlebahn. (o.J.). Wintergaudi Rodeln in Bayern. Zugriff am 02.09.2020 unter: https://www.hoernlebahn.de/rodeln